Der
erste Eindruck von Neapel gestern Nacht: un poco triste. Da ich erst um 23.00
Uhr das Flughafengebäude verlassen hatte, wollte ich keine Abenteuer erleben und
nahm ein Taxi zum Hotel. Gleich habe mich wie außerhalb von Europa gefühlt: der
Taxipreis war zu verhandeln, drei Taxler stehen um mich herum und erzählen mir
Geschichten. Vom Hotel bekam ich die Info, dass das Taxi 18 Euro kosten sollte,
die Herrschaften haben mit 35 begonnen. Bezahlt habe ich dann 20 Euro. A bissi Touristensteuer
muss wohl sein.
Und dann fuhren wir los. Nasse Straßen, Kopfsteinpflaster, dreckige heruntergekommene Häuser, Feuchtigkeitsgeruch in der Nase, kein schöner Anblick draußen. Das fängt aber gut an, dachte ich, da soll ich fast 5 Tage bleiben?
Relativ
bald erreichten wir das Centro Storico, ich wohne im Herzen der Altstadt, und ich
staunte, wo der Taxler überall rein fährt, die Straßen sind beängstigend eng,
mein Fahrer presst sich aber überall rein, bleibt nur immer wieder kurz stehen,
um nach oben zu den Straßenschildern zu blicken. Und dann sind wir da, das Hotel Decumani
de Charme, in Wirklichkeit ein umgebauter alter Palazzo, aber nur ein
Stockwerk, das zweite. Ich passiere den Haupteingang, im Hof rechts geht es rauf. Erster Stock ist
alt und heruntergekommen, im zweiten ein wunderschönes renoviertes Inneres und
stilvolles Interieur. Das Zimmer selbst ist vielleicht doch nicht ganz mein
Geschmack: alte Möblierung und in die Höhe geht es gefühlsmäßig weiter als in
die Breite und Länge, dennoch ist es ruhig, sauber und mit allem ausgestattet.
Um Mitternacht war ich in Bett.
Heute
wachte ich, durch meinen biologischen Wecker geweckt, schon um 6:30 Uhr, ich
ignorierte ihn aber und stand erst um 8.30 Uhr auf. Den Frühstücksraum des Hotels sieht
man auf allen dessen Werbefotos. Liebevoll restaurierter repräsentativer
Saal ist sicherlich ein zusätzlicher Genuss zu dem Frühstück, das für italienische Verhältnisse durchaus üppig
ausfällt. Nur der Kaffee ist amerikanisch, also eher braun gefärbtes Wasser. Es
gibt aber bald eine Lösung: auf Wunsch bekommt man auch einen echten Espresso.
Für mich gab’s sogar einen Doppio, also kein Koffeinentzug in Neapel, gut so. :-)
Heute
hatte ich einen Kirchentag.
Ich kam gestern völlig unvorbereitet an, also wusste ich in der Früh nicht, was ich machen werde. Nur eine schnell abgeschriebene Highlights-Liste vom Tripadvisor hatte ich dabei. Ich holte mir die nötigen Informationen vom Rezeptionisten, der wirklich sehr gut informiert war, und ging los. Ich fing mit dem Highlight an - San Severo Kapelle - der Eintritt von 7 Euro ohne Fotos machen zu können war schon steil, aber die Sammlung der besten neapolitanischen Skulpturen des 18. Jh. war schon beindruckend.
Ich kam gestern völlig unvorbereitet an, also wusste ich in der Früh nicht, was ich machen werde. Nur eine schnell abgeschriebene Highlights-Liste vom Tripadvisor hatte ich dabei. Ich holte mir die nötigen Informationen vom Rezeptionisten, der wirklich sehr gut informiert war, und ging los. Ich fing mit dem Highlight an - San Severo Kapelle - der Eintritt von 7 Euro ohne Fotos machen zu können war schon steil, aber die Sammlung der besten neapolitanischen Skulpturen des 18. Jh. war schon beindruckend.
Wie
der Hotelmitarbeiter heute sagte, in Neapel gibt es mehr Kirchen als Apotheken, ich
nahm also am Weg zum Duomo San Gennaro noch einige mit. Manche besuchte ich nur
sehr kurz; man wird schnell durch den - hauptsächlich barocken - Prunk verdorben, so dass die nicht so tollen
Kirchen nur ein gelangweiltes Aha ernteten.
Ich
machte aber auch eine Tour in den neapolitanischen Untergrund (sog. Napoli Sotterranea). 80% des
Altneapels sind unten hohl. Die Griechen haben hier Tuffstein abgebaut, um Häuser zu bauen und so unzählige Grotten
ausgehöhlt, die dann von den nachkommenden Römern weiter ausgebaut und als riesige Wasserzisternen
verwendet wurden. Das Wasser wurde von den benachbarten Bergen hineingeleitet. Somit hatten die Neapolitaner
immer frisches kaltes Wasser zur Verfügung. Bis zur Choleraepidemie Ende des
19. Jh. wurden sie verwendet, danach baute die Stadt ein modernes
Wasserleitungssystem.
400 km Kanäle, Gänge und Grotten gibt es unterhalb
der Stadt Neapel, viele davon
zugeschüttet, einige werden noch immer als Keller genutzt, einige kann man besichtigen. Im zweiten
Weltkrieg wurden sie als Bunker oder Schutzräume genutzt. Oben stehen die
mehrstöckigen alten Häuser oder Kirchen.
Die
Tour (9,30 Euro, 1,5 Stunden) endete in einem alten neapolitanischen Haus, das
auf den Überresten des römischen Theaters erbaut wurde und dessen Keller in
früheren Jahren die Backstage des Theaters war. Als im 16. Jh. die Spanier nach Neapel kamen
und es regierten, verbaten sie zunächst die
Ausweitung der Stadt, somit bauten die Stadtbewohner in die Höhe, deshalb sind
die Häuser in Altneapel sehr hoch.
Sie verbauten so nach und nach auch das alte
große römische Theater. Nur wenig davon ist übrig geblieben, die Überreste
haben wir gesehen. Übrigens, die Temperaturen in den unterirdischen Gängen sind
konstant zwischen 10 bis 15 Grad mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit - in dieser Jahreszeit kein Unterschied zu
oben, in Sommer werden die Besucher einen Kälteschock erleben. Die Gänge sind
auch zum Teil sehr eng, nur 50 cm breit, für dicke und klaustrophobische
Menschen also kein Spaß und nicht zu empfehlen. Ich war sehr beeindruckt.
Das
Mädel, das uns geführt hat, gab uns noch ein paar Ratschläge auf den Weg, die
ich mittlerweile schon erleben dürfte: pass auf der Straße auf, die Mopeds sind
auch in der Fußgängerzone unterwegs und keine Straße ist für ein Auto zu eng...
Ich
setzte meine Besichtigung auf der Via Tribunali fort und tat den Neapolitanern
gleich. Eine frisch gemachte kleine köstliche Pizza um einen Euro kaufen,
zusammen gefaltet in ein einfaches Papier. Dann steht man da, auf der engen
Straße beim Geschäft und vertilgt sie, so schön frisch tomatig und mozzarellig.
Nett, es gefällt mir hier immer besser, die Leute sind sehr sympathisch,
freundlich und unkompliziert hier.
Einige
Kirchen und Straßen später fing es an zu regnen, mehr noch, ein Gewitter zog auf. Ich ging zum
Duomo di San Gennaro, zu der
Kathedrale, in der Hoffnung, dass sie in
der Siesta vielleicht doch offen ist.
St.
Gennaro ist der Schutzpatron der Stadt und dreimal im Jahr geschieht ein Wunder, indem sein Blut, in Ampullen im Dom aufbewahrt, wieder flüssig wird.
Ich
ging im Regen hin und siehe da, sie ist offen. Ich komme rein und
kurz danach fängt es an wie aus Schaffeln
zu schütten. Eine Regenwand baut sich auf, just nachdem ich unterm Dach von San
Gennaro stand. Ich dürfte eine gute Beziehung zu ihm aufgebaut haben, so bald
nach der Ankunft in Neapel. Er beschützte mich, völlig durchnässt durch die Stadt
zu wandern. Die Kirche - ein barocker Prunkbau - war fast leer. Ein
beschäftigungsloser Guide konnte auch mit mir kein Geschäft machen. Trotzdem sprachen wir einige Male in den
nächsten 1,5 Stunden miteinander; so lange blieb ich hier, um den stärksten Regenguss
abzuwarten.
Draußen
donnerte es, blitzte und schüttete, drinnen erlebte ich die wunderbaren Augenblicke
des Staunens. Die Kirchen Neapels sind mit Marmor verziert, mit Intarsien aus verschiedenfarbigem
Marmor. Für mich sind die einfach unbeschreiblich wunderschön. Die Kathedrale
hat noch mehr zu bieten: eine Kapelle aus dem 13. Jahrhundert, wunderschöne Skulpturen,
Fresken und die Kapelle des San Gennaro. Als ich ankam, war sie noch
geschlossen, eine Weile später, als ich das rechte Seitenschiff besichtigt hatte,
hat ein Mitarbeiter sie geöffnet. Die schwere Gittertür ging auf, langsam auch
die Beleuchtung und ich wurde mit einem offenen Lächeln reingewunken, „komm
rein“..., ich trat ein, allein, und war
überwältigt, von dem Prunk, der Schönheit,
den Farben, der Vielfalt.
Ich lächelte zurück und deutete, es ist
wunderbar, er meinte lächelnd „don‘t go
away, stay here“...
Ich
blieb lange. Ich musste erst die Schönheit
in jedem Detail in mich aufnehmen und behalten. Die Kapelle ist außerordentlich
wunderschön. Ich habe in meinem Leben
schon viel gesehen, man kann mich nicht so leicht beeindrucken, diese hier ist
aber eine der schönsten, die ich je gesehen habe. Wunderschöne Skulpturen, aus
verschiedenen Materialien, Stein
und Metall, Wand- und Deckenmalereien, Intarsien und Zierelemente,
die ihresgleichen suchen.
Ich dachte mir, wir Menschen schaffen im Namen Gottes, der Religion das Schönste auf Erde, - ich spürte geradezu die Liebe, mit der die
Kunstwerke gefertigt wurden - , andererseits töten wir im Namen Gottes, wir
verursachen Leid und Zerstörung. Warum können wir, menschliche Wesen zugleich
so erhaben und so niederträchtig sein? Die widerwärtigsten Kämpfe sind so oft
religiös bedingt...
Es
regnete noch, aber nicht mehr so stark, ich ging Richtung St. Chiara Kirche und
Kloster und zur Gezu Nuovo. In St. Chiara angekommen verging mir die Lust, denn
die (schöne neapolitanische) Krippe war bis 25.Jänner geschlossen, der prachtvolle Kreuzgang und der Garten machen keinen Spaß im Regen. Ich versicherte mich bei der Dame in der Kassa, macht es Sinn
heute zu besichtigen, oder eher am Samstag? Sie sagte: Samstag. Ich fragte
nach dem kürzesten Weg zur Gezu Nuovo
Kirche und folgte den Anweisungen. Im Regen sah ich die Kirche und liebte sie
gleich. Von außen schön schlicht, innen ein Traum von Marmor-Intarsien, ein Fest
der Sinne.
Das
letzte Fest für heute. Ich wollte
zurück, meine Schuhe waren schon
durchnässt. Mein Hotel war näher als
gedacht. Noch ein paar Kleinigkeiten
kaufen, ein paar weitere Ecken
entdecken, den Schirm zusammenfalten,
weil der Regen aufhörte und schon bin ich zurück im Zimmer.
Die
vier Tage hier sind zu kurz. Ich dachte, ich fahre auch für einen Tag nach Capri.
Es sieht aber so aus, dass ich maximal Pompeji und Vesuv schaffe, alles andere,
irgendwann dann. Morgen habe ich einen Palazzi- und Museumstag, es ist wieder
mehr Regen als gebraucht angesagt. Freitag und Samstag sollen trocken und
sonnig bleiben.
Neapel
ist nahezu touristenfrei. Das macht den Aufenthalt hier so angenehm. Ich bin so
oft fast alleine in den Sehenswürdigkeiten, kann mit den Leuten sprechen, werde
auch nicht richtig als Touristin wahrgenommen. In unserer uniformierten Welt
der H & M, Promode, Esprit und
dergleichen sehen die Leute von London bis Athen gleich aus, es tut mir gut, in der
Menge zu bleiben.
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